Die Innsbrucker Stadtplanung hat vor knapp zwei Jahren in
Zusammenarbeit mit externen Gutachtern einen Entwurf für eine Schutzzone nach
dem Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetz (SOG) ausgearbeitet. Der
Innsbrucker Gemeinderat hatte die Auflage dieses Entwurfs beschlossen und zur
Einsichtnahme aufgelegt, seither war diese Schutzzone provisorisch in Geltung, befristet
mit 22.10.2012. Nun ist die Zone endgültig gestorben, weil sich im Bauausschuss
dafür keine Mehrheit fand.
Dazwischen lagen die Einladung an alle betroffenen Grundeigentümer,
sich zu diesem Entwurf zu äußern und eine Informationsveranstaltung am 25. Mai
2011 im Gasthof Turmbichl mit zahlreichen betroffenen und interessierten
Villern, bei der Vertreter der Stadtplanung ebenso anwesend waren wie
Mitglieder des aktuellen SOG-Beirates und die Gemeinderäte Gerhard Fritz und Johann
Haller. Natürlich wurde darüber in Vill diskutiert. Die Mehrheit der Viller
Bevölkerung hat sich für die Einrichtung einer Schutzzone ausgesprochen. Von
den 8 Mitgliedern des Vorstands des Dorfverein Vill stimmten 7 Mitglieder (davon
ein betroffener Grundeigentümer) für die Schutzzone und 1 Mitglied (ein
betroffener Grundeigentümer) dagegen.
Man kann zum Ergebnis und zur Notwendigkeit der Schutzzone
und dieses Instrumentariums stehen wie man will. Ich reibe mir aber verwundert
die Augen, wenn ich so manche Begründung für die Ablehnung im Bauausschuss lese
(Quelle: TT vom 2.10.2012 und vom 4.10.2012, Martin Mitterwachauer):
„Man kann nicht gegen die Mehrheit den Eigentümern eine
Schutzzone aufoktroyieren, weil das Leben in dieser Zone dann nicht
funktionieren wird“ (Bauausschussmitglied StR Christoph Platzgummer, ÖVP)
„Wir haben keinen großen Willen in der Bevölkerung gespürt,
dass diese Zone gewollt ist“ (Bauausschuss-Obmann Lucas Krackl, FI)
„Wir wollen keine
Politik über die Köpfe der Bürger hinweg machen“ (Klubobmann Franz Gruber, ÖVP)
Die Regierung habe es in den vergangenen zwei Jahren nicht
geschafft, die Bewohner vom gepriesenen „Mehrwert“ der Schutzzone zu
überzeugen – also solle diese jetzt auch nicht beschlossen werden (Platzgummer)
„Erhaltenswert wäre der Ortskern aber schon.“ Es sei eine
„schwierige Sache“, letztlich aber eine „politische Abwägung“ gewesen (Krackl)
Zweck des SOG 2003 ist die Sicherstellung der Erhaltung,
Weiterentwicklung und Verbesserung der Bausubstanz und Funktion von Ortsteilen
und Gebäudegruppen, die wegen ihres charakteristischen Gepräges für das
Erscheinungsbild des Ortes als Gesamtensemble erhaltenswert sind. Es geht um
die qualitätvolle Gestaltung des Ortsbildes.
Die geplant gewesene Schutzzonenverordnung schreibt den in
der Schutzzone errichteten Gebäuden eine charakteristische Gebäudeeigenschaft
zu, da sie eine gewisse geschichtliche, künstlerische und sonstige kulturelle Bedeutung
haben und für eine bestimmte Epoche typische wissenschaftlich anerkannte
architektonische Elemente aufweisen, weshalb sie aufgrund ihrer
charakteristischen Gestaltung für das Ortsbild besonders prägend sind. Praktisch
der gesamte Dorfkern von Vill mit seinen dort befindlichen Höfen in seiner
Gesamtheit und in seiner Beziehung mit den umgebenden Freiräumen stelle sich als
ein harmonisches bäuerliches Ensemble dar, der die ländliche Besonderheit
dieses Stadtteiles unterstreiche und damit als Ganzes durch das
charakteristische, stadträumliche und architektonische Erscheinungsbild als
Gesamtensemble für Innsbruck einzigartig und damit in höchstem Maße erhaltungs-
und schützenswert sei.
Die Stadtplanung hat in der Informationsveranstaltung auf
diese Aspekte und Hintergründe hingewiesen, die Schutzzone sehr gut
argumentiert und hervorragende Vorbereitungsarbeit geleistet. Offensichtlich
ist das aber egal.
Ich habe gelernt, dass es hier nicht um eine objektive
Prüfung der Voraussetzungen laut SOG geht, sondern ein „Aufoktroyieren gegen
die Mehrheit“ verhindert werden muss. Blöd nur, dass dabei übersehen wurde, dass unter den betroffenen
Eigentümern diese Mehrheit – wenn überhaupt – sehr knapp ist. Aber offensichtlich
genügt es nicht, ob das konkrete Areal schützenswert ist, weil es einen „Mehrwert“
an sich hat. Es muss zusätzlich auch die Bevölkerung von diesem Mehrwert überzeugt
werden, was in bürgernahen Zeiten grundsätzlich sehr löblich ist. Blöd nur, dass diese Überzeugungsarbeit geklappt hat, weil die Mehrheit der
Villerinnen und Viller jedenfalls für die Einräumung der Schutzzone ist.
Über die Köpfe der Bürger hinweg, Herr Gruber, ist zumindest
in dieser Causa nicht Politik gemacht worden. Der Entwurf lag seit 2 Jahren zur
Einsicht auf, die Stadt hat jeden einzelnen der betroffenen Eigentümer persönlich
angeschrieben und die Pläne dargelegt und ausführlich vor Ort informiert. Auf
einen solchen „Sager“ will man als Politiker aber offensichtlich nicht
verzichten, egal, ob er zutrifft oder nicht.
Ganz lustig finde ich schließlich, dass „ein großer Wille in
der Bevölkerung pro Schutzzone gespürt werden muss“, um für deren Einrichtung votieren
zu können. Weil dieses G’spür offenkundig nicht die Herzen einiger politischer
Entscheidungsträger berührt hat, musste dagegen gestimmt werden, obwohl „der
Ortskern schon erhaltenswert wäre“. Das ist wirklich eine „schwierige Sache“,
aber Gott sei Dank ist die Auflösung nicht schwer: Es bedurfte einer politischen
Abwägung.
Das Ergebnis ist daher auch mit einfacher Arithmetik zu
erklären, 1 + 1 zusammenzuzählen genügt. Über welche Schienen und Türen auch
immer, es ist gesprochen worden. Man muss auch nicht viel darüber nachdenken, welche
Farbenlehre entscheidend war. Das Ergebnis hat gepasst.
Allerdings soll gesagt werden, dass es diese Entscheidung
ist, mit der Politik über die Köpfe anderer gemacht wurde.
PS.:
Ich persönlich verstehe die Vorbehalte und Befürchtungen der
betroffenen Grundeigentümer, die ich gut kenne, die ich schätze und von denen
einige zu meinen Freunden zählen. Ich verstehe auch, dass sie alles in die Wege
geleitet haben, um ihren Standpunkt durchzusetzen.
Mich stören aber diese Begründungen der zitierten
Ausschussmitglieder. Sie sollen wissen, dass die meisten ihrer Bürger die
einfachen Grundrechnungsarten beherrschen.
Es wurde schon diskutiert, dass die "NeuViller" gerne eine Schutzzone hätten, weil es ihnen natürlich gleich ist,wenn sich die Betroffenen dann schwer tun, auch kleine Umbauten umzusetzen, und wir wieder Bittsteller bei unserer geliebten Stadt würden.
AntwortenLöschenAlle Betroffenen haben sich bisher bemüht, den Dorfkarakter bei ihren Bauten zu erhalten und hätten es verdient, ihnen nicht in den Rücken zu fallen.
Bei einem SOG gäbe es dann keine "Weiterentwicklung und Verbesserung der Bausubstanz wie grosspurig und scheinheilig angegeben wird, sondern Stillstand und Konservierung.
Auch außerhalb des Dorfvereines verspürte man wenig Wünsche für ein solches Gesetz und der Bauausschuss hat daher richtig entschieden!
mfg martin
Obwohl ich "Neuviller" bin, verstehe ich die Bedenken der Betroffenen Grundeigentümer mehr als gut. Eine Schutzzone ist ein nicht unerheblicher Eingriff in das Eigentum und bei aufrechten Betrieben in den eigenen Broterwerb.
AntwortenLöschenDas eigentliche Problem ist aber nicht die Schutzzone, das Problem stellt der SOG-Beirat und dessen Arbeitsweise dar. Ich habe als Architekt in den letzten 3 Jahren insgesamt 4 Projekte in derartigen Schutzzonen bearbeiten dürfen.
Es war jedesmal ein absoluter Horror; 1. dauert so ein Verfahren ewig und 3 Tage; 2. ist der SOG fast bei jeder Sitzung mit anderen Personen zusammengestellt; d.h. es gibt auch jedesmal andere Stellungnahmen, die sich teils gegenseitig widersprechen!
fragt einmal die restlichen Beamten im Magistrat was man von der Arbeitsweise dieses Gremiums hält...
andere Projekte mitten in der Innsbrucker Altstadt mit dem Denkmalamt waren hier einfacher und rascher abzuhandeln; und das sagt wohl viel aus...
Für mich wäre eine Schutzzone ein sinnvolles politisches Mittel; aber die Umsetzung mit den vorliegenden Gremien (SOG-Beirat) und deren Arbeitsweise wäre zu hinterfragen und zu verbessern. Meiner Einschätzung nach könnte damit auch die Akzeptanz der betroffenen Eigentümer herbeigeführt werden.
Und wer sagt denn, dass nicht trotzdem die Struktur erhalten werden wird. Ich bin mir sicher, dass in Vill das Bewußtsein für die Dorfstrasse nicht nur bei den "Neuvillern" sondern sogar stärker bei den betroffenen Eigentümern vorhanden ist und auch gelebt wird. Man will es halt freiwillig machen und nicht "von oben" aufgezwungen bekommen...
Wir waren ja auch froh, dass sich niemand in das Design, die Raumaufteilung die Materialgebung und die Nutzung unseres Hauses eingemischt hat...
Und für den Fall, dass ein Hof verkauft wird und ein Bauträger daraus Wohnungen machen möchte, kann das auch die beste und strengste Schutzzone nicht verhindern...
mfg
Mario Kirchmair,
Grillhofweg 49
Profanter Max
AntwortenLöschenViller Dorfstraße 9b
Villa Vill
Das ursprünglich geplante Wohnprojekt auf dem Gasperngrund wäre in seiner klotzigen Form mit voller Ausnützung des Bauvolumens ein Problem für das Viller Dorfbild geworden.
Durch den Besitzerwechsel zur Firma OFA wurde die Anlage neu geplant und das Bauvolumen um ein Drittel reduziert.Das Geäude erinnert in seiner Form an das alte abgerissene Bauernhaus, entspricht den Richtlinien des Ortsbildschutzes (SOG)und fügt sich gut in das Dorfbild ein.
An diesem Projekt wird deutlich, wie wichtig der Ortsbildschutz für Vill ist,der leider aus unverständlichen Gründen aufgehoben wurde.
Das Wohnprojekt umfasst 12 Eigentumswohnungen verschiedener Größe.
Ein detailierter Plan mit Preisliste liegt vor der Tür Viller Dorfstraße 9b zur Einsicht auf.
Baubeginn ist im Jänner 2013.
Max Profanter,
Obmann des Viller Dorfvereins